Compiègne, Théâtre Impérial
Das erste Konzert der Frankreich Tour war in Compiègne, Nordöstlich von Paris. Das Théâtre Impérial wurde ursprünglich von Napoleon III. zur Belustigung seiner Sippe in Auftrag gegeben. Fertiggestellt wurde es aber aufgrund des Ausbruchs des Deutsch-Französischen Kriegs zu seiner Lebzeiten nicht. Erst im späten 20. Jahrhundert wurden die Bauarbeiten am Theater neu aufgenommen und fertiggestellt.
Im Rahmen des Festival des Forêts wurde der 3. Satz meiner Fantasy for Violin and orchestra, The Old Oak, von Yasushi Ideue und der Philharmonie Baden-Baden unter Leitung von Heiko Matthias Förster aufgeführt. Es ist damit die bereits dritte Aufführung des Satzes aber gleichzeitig die erste Aufführung in Frankreich beziehungsweise die erste Aufführung außerhalb Deutschlands. Es gibt selten den Moment in dem man als Komponist vergisst, dass man selbst die Musik die man gerade hört komponiert hat. Meistens ist man zu sehr mit den Dingen beschäftigt die nicht ganz so optimal liefen. Aber hier war es anders, ich konnte abschalten und nur der Interpretation von Yasushi Ideue also Solist genießen. Es war mit Abstand die berührendste Aufführung des Satzes und ein ganz besonderer Moment für mich als Komponist.
Musée du Débarquement de Utah Beach, Sainte-Marie-Du-Mont
Das nächste Konzert fand auf dem Vorplatz des Musée du Débarquement am Utah Beach statt. Utah Beach ist einer der Landungs-strände der Militäroperation Neptune, heute eher bekannt als D-Day, in der die Aliierten Kräfte im 2. Weltkrieg die Etablierung einer Westfront erreichten. Umgeben von altem Kriegsgerät wie Panzern, Landungsschiffen und Flugzeugen fand mein Stück, welches mit der Geschichte um John Steele beginnt, seine Uraufführung.
Emerged From Nothingness ist vermutlich mein politischstes Werk, da es sich sowohl auf den
zweiten Weltkrieg bezieht aber auch gleichzeitig einen Blick auf die Nachkriegszeit wirft. Aus genau diesem Gründen war ich besonders nervös auf die Reaktion des Publikums.
Das Werk verlangt in den ersten Minuten viel vom Hörer ab. Der Krieg, die Angst und Furcht von John Steele wird musikalisch, bis zu seinem Schicksal am Kirchturm in Sainte-Mère-Église hängen zu
bleiben, erzählt. Die Musik klart danach aber auf, es wird melancholischer. Die Trauer um die Verluste, das Begreifen der Sinnlosigkeit des Krieges aber gleichzeitig auch Hoffnung, weil der Krieg
endlich sein Ende fand. Ein Hauch von Vergebung und Optimismus liegt in der Luft. Im letzten Teil wird die neu erreichte Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland so wie die Menschlichkeit
musikalisch gefeiert.
Nach dem Konzert kam eine Frau, sie hatte hörbar amerikanische Wurzeln, zu mir. Offensichtlich hatte Sie Tränen in den Augen und bedankte sich herzlich für mein Werk. Sie erzählt mir von Ihrer persönlichen Geschichte und warum der Krieg auch mit Ihrem Leben verwoben ist. Es war für mich eine der menschlichsten Reaktionen die ich je auf meine Musik erlebt hatte. Ehrliche Dankbarkeit. Ehrliche Erleichterung, etwas Gutes aus der traurigen Geschichte des zweiten Weltkriegs zu zeigen. Ein Moment, den ich wahrscheinlich selten, wenn überhaupt, noch einmal erleben darf.