Nach 3 Tagen und knapp 2500 zurückgelegten Kilometern war die Tournee mit der Philharmonie Baden-Baden unter Heiko Mathias Förster zum 80. Jubiläum des D-Days an 3 Spielorten ein Erfolg.
Obwohl der Anlass der Feierlichkeiten eher bedrückend war, wurde während der Tournee mehr denn je das Zusammenkommen von Kulturen sowie der europäische Gedanke gefeiert. Es berührt mich sehr, dass mein Stück "Emerged From Nothingness" vom Publikum mit so viel Interesse und Begeisterung aufgenommen wurde. Das Werk passte thematisch sehr gut zu dem gegebenen Anlass, da es konzeptionell einen Tag vor dem D-Day mit der Operation Neptune und den Geschehnissen um John Steele beginnt. Wie auch bei den Feierlichkeiten zum Jubiläum zu hören und zu sehen ist, spiegelt sich nicht nur der Krieg wider, sondern auch die Zeit nach dem Krieg - Klänge von Hoffnung, Menschlichkeit und Toleranz.
Louhans
Die erste Station war am 6. Juni in Louhans, dem offiziellen Tag des Jubiläums des D-Days. Im Stade De Bram wurde das Konzert mit den Nationalhymnen von Frankreich, Deutschland und Europa feierlich und mit der Unterstützung mehrerer lokaler Kinderchöre eröffnet. Schon hier machte sich die besondere Stimmung des Abends bemerkbar. Trotz einiger Regenschauer während der Probe verlief das Konzert trocken.
Es war die erste Aufführung von "Emerged From Nothingness" seit seiner Uraufführung im Juli letzten Jahres. Den knapp 1500 Zuschauern wurde eine wunderbare Interpretation des Stücks geboten. Ich war unglaublich erleichtert, als die letzten Töne erklangen und das Publikum in tosenden Applaus ausbrach. Auch in den Gesprächen nach dem Konzert spürte ich große Dankbarkeit. Trotz einiger Sprachbarrieren konnte ich in den Augen der Menschen sehen, wie berührt und dankbar sie waren. Für mich war es ein ganz besonderes Gefühl, diese Art von Dankbarkeit und Anerkennung zu erfahren, die über die Sprache hinausgeht.
Fontainebleau
Die zweite Station der Tour war im Théâtre Municipal von Fontainebleau, das gut 300 km von Louhans entfernt liegt. Das Theater befindet sich direkt gegenüber dem weltberühmten Château de Fontainebleau, das als UNESCO-Welterbe anerkannt ist. Viele Menschen versammelten sich bereits Stunden vor dem Konzert in der Bar vor dem Theater und genossen die sommerlichen Temperaturen. Auch in der Altstadt waren die Restaurants und Cafés gut besucht, was der Stadt ein lebendiges Flair verlieh.
Fontainebleau war die einzige Indoor-Location, die während der Tour bespielt wurde, daher hatte ich große Hoffnungen, dass die Konzertbedingungen für die Musiker optimal sind. Die Saalakustik war etwas trocken, dennoch wirkte das Klangbild deutlich transparenter als bei der Aufführung in Louhans. Insbesondere in den feineren Tönen des zweiten und dritten Teils des Stücks erschien alles schön durchsichtig und leicht. Auch im ersten Teil, der sehr energetisch und teilweise atonal ist, wurden die von mir erhofften Emotionen gut transportiert. Der Gang zur Bühne war für mich der emotionalste Moment der Tour. Das Theater ist sehr klein, sodass man von der Bühne aus die einzelnen Gesichter im Publikum gut erkennen kann. Es macht einen großen Unterschied, ob man "viele einzelne Menschen" oder "ein Publikum" sieht.
Sainte-Marie-Du-Mont, Utah Beach
Das letzte Konzert und gleichzeitig der Höhepunkt der Tour fand am Musée du Débarquement am Utah Beach statt, der etwa 400km von Fontainebleau entfernt lag. Während unserer Fahrten durch Frankreich konnten wir immer wieder vereinzelt Militärfahrzeuge beobachten. Als wir jedoch mit dem Bus durch Sainte-Marie-Du-Mont fuhren, die Gemeinde zu der Utah Beach gehört, wurde uns erst das Ausmaß der Bedeutung dieses Jubiläums bewusst. An jeder Ecke standen Jeeps, Buggys, Truppentransporter, Banner der Alliierten Kräfte schmückten die Straßen und ein gewisser Teil der Menschen trug Militärkleidung.
Bei unserer Ankunft am Museum wurde alles noch imposanter. Flugzeuge der US Air Force flogen regelmäßig über die Köpfe der Menschen hinweg. Mehr Militärfahrzeuge. Mehr Menschen in Militärkleidung. Besucher machten Fotos mit dem zum Museum gehörenden Panzer und Landungsboot. Und im Hintergrund erstreckte sich der Ärmelkanal, das Meer.
Zum frühen Abend entspannte sich die Lage, die meisten Touristen reisten ab und der Konzertbeginn rückte näher. Mit etwas Sorge blickten wir alle in den Himmel, als eine ziemlich dunkle Wolke über uns hinwegzog. Das Konzert wurde erneut mit den Nationalhymnen eröffnet, dieses Mal war auch die amerikanische Nationalhymne zu hören, da viele Zuschauer Amerikaner waren. Dann geschah etwas absolut Außergewöhnliches:
Als "Emerged From Nothingness" gespielt wurde, verdunkelte sich der Himmel zunehmend. Es schien fast, als würde das Wetter auf das Stück reagieren. Zu den Klängen von Krieg, Angst und Zerstörung änderte der Himmel seine Farben und wurde fast schwarz. Doch wie durch ein Wunder klärte sich der Himmel langsam auf, als die Musik von Hoffnung erklang. Dies setzte sich fort, bis am Ende des Stücks, in dem die Menschlichkeit im Mittelpunkt steht, der Himmel aufriss und die Sonne sich zwischen den dunklen Wolken hervorschob. Alle spürten diesen besonderen Moment. Als ich mich zum Ende meines Stücks nach vorne begab, um sowohl Heiko Mathias Förster als auch Yasushi Ideue, dem Konzertmeister der Philharmonie Baden-Baden, zu danken, erhob sich das gesamte Publikum noch bevor ich mich umdrehen konnte und applaudierte mir. Es war wahrlich ein ganz besonderer Moment.